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Nachhaltige Werte nach „Corona“ stärken

Wiederaufnahme des Tourismus nach Corona bietet Chance zur nachhaltigen Verbesserung

Quelle: fairunterwegs-Redaktion. Originaltext

„Welche Lehren sind aus der Corona-Krise zu ziehen und was sollte jetzt geschehen, damit der Tourismus nach der Aufhebung der Sperren nicht wieder zur Tagesordnung übergeht?“ Diese Frage stellte die Fairunterwegs-Redaktion sechs Experten* und verknüpfte sie mit der eigenen Meinungen und Erfahrung. Die daraus resultierten Grundwerte sind wie folgt:

  • Luft schaffen – Druck abbauen
  • Die lokale Bevölkerung einbeziehen
  • Strategien entwickeln, ohne die Notwendigkeit von Wachstum
  • Konsequente Umsetzung

Der Tourismus hat die Ausbreitung des Coronavirus erheblich vorangetrieben. Die Coronakrise wiederum hat die Tourismusindustrie mit voller Wucht getroffen. Viele Unternehmen fürchten um ihre Existenz und entlassen Mitarbeiter. Davon betroffen sind vor allem KMU, die keine Möglichkeit hatten, Notreserven aufzubauen, sowie Arbeitnehmer in prekären Arbeitsverhältnissen, wie sie im Gastgewerbe allzu häufig vorkommen. Besonders hart ist der Einbruch für touristische Kleinstunternehmer im globalen Süden, die oft gleichzeitig ihr Einkommen, ihre Unterkunft und ihr soziales Netz verlieren.

Die Tatsache, dass der Tourismus ein schwankendes Geschäft ist, ist eine schmerzhafte Erfahrung, die immer wieder gemacht wird. Reiseziele sind manchmal in und manchmal out. Terroranschläge, Vulkanausbrüche und extreme Wetterbedingungen haben den Sektor in der Vergangenheit in ganzen Regionen lahmgelegt. Doch Corona ist anders. Die Pandemie betrifft den gesamten Globus und zeigt die Verletzlichkeit der gesamten Branche. Das System des „schnellen Wachstums durch Schnäppchenpreise“ befindet sich in einem Sog. Der Teufelskreis von mehr, schneller, weiter, billiger ist zum Stillstand gekommen – und dahin wollen wir nicht zurückkehren.

Und das müssen wir auch nicht. Die Coronakrise zeigt, was besser funktioniert. Die Buchung in einem Reisebüro bringt mehr Sicherheit und bessere Hilfe als die Schnäppchenjagd auf anonymen Online-Plattformen. Reisebüros haben jetzt die Chance, mit einem qualitativ hochwertigen Service zu punkten und diesen auch zu nutzen. Dazu gehört auch das Wissen über nachhaltige Produkte. Starke regionale Wirtschaftskreisläufe, geschickt ergänzt durch einen lokal gut angepassten Tourismus, sind widerstandsfähiger als touristische Monokulturen. Zu Hause zu bleiben, mehr Zeit zu haben und die Nachbarschaft zu erkunden, hat manchmal einen besseren Erholungseffekt als die zehntägige Tour am anderen Ende der Welt. Und führt zu einem größeren Engagement für die Lebensqualität zu Hause, einschließlich der Solidarität mit den Menschen um uns herum, die mit schwierigeren Lebensbedingungen zu kämpfen haben. Pendelstress und Geschäftsreisen können durch Online-Meetings und Home-Office reduziert werden.

 

Was jetzt geschehen muss, damit diese Lernerfahrungen funktionieren:

 

1. Luft schaffen – Druck abbauen

Der Druck auf Tourismusunternehmen und Regionen, so schnell wie möglich zum „business as usual“ zurückzukehren, ist hoch. Dies lässt sich an Kampagnen wie „Träume jetzt – reise später“ oder „Die Berge warten – wir auch“ ablesen. Jetzt ist es an der Zeit, Instrumente zu finden, die den wirtschaftlichen Druck auf Unternehmen und Beschäftigte nehmen, wie z.B. ein bedingungs-loses Grundeinkommen, finanziert durch eine digitale Steuer (auch auf Buchungsplattformen) oder eine Finanztransaktionssteuer. Oder warum nicht eine globale Kurtaxe einführen? Damit wird Raum für eine Neuausrichtung dieses Wirtschaftssektors geschaffen, der nur durch grundlegende Veränderungen zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen kann.

 

2. Die lokale Bevölkerung einbeziehen

Mehr als jeder andere Wirtschaftszweig nutzt der Tourismus den öffentlichen Raum und die natürlichen Ressourcen. Deshalb sind neue Strategien erforderlich, die in enger Zusammen-arbeit mit bisher unzureichend berücksichtigten Akteuren (Natur- und Heimatschutz- und Menschenrechtsorganisationen, Gewerkschaften usw.) entwickelt werden. Wichtig ist auch die Klärung, welcher Tourismus wem dient. Was profitiert die lokale Bevölkerung von touristischen Megaprojekten wie Flughäfen und Kreuzfahrtschiffen, internationalen Hotelketten und Reiseveranstaltern? Woher kommt das investierte Kapital? Wer verdient wie viel? Wohin fließen die Gewinne und wie viel Steuern werden wo gezahlt? Wer trägt die sozialen und ökologischen Kosten? Führt der coronabedingte Bankrott vieler KMU zu ungesunden Monopolen?

 

3. Strategien entwickeln, ohne die Notwendigkeit von Wachstum

Es gibt kaum ein Land oder Reiseziel, das nicht von „nachhaltigem Tourismus“ spricht. Nachhaltig würde aber bedeuten, im Einklang mit den Pariser Klimazielen, den globalen Entwicklungszielen (Agenda 2030) und den Menschenrechten zu stehen. Dies ist nicht mit permanentem Wachstum vereinbar, sondern erfordert eine Qualitätsoffensive: Besserer Schutz der natürlichen Ressourcen, mehr Lebensqualität für die lokale Bevölkerung, mehr menschenwürdige und sichere Arbeitsplätze im Tourismus, mehr Erlebnisqualität für Reisende – auch durch engere Interaktion mit der lokalen Bevölkerung – und mehr wirtschaftliche Stabilität für die Region. Bisherige Strategien ignorieren den Widerspruch zwischen Nachhaltigkeit und permanentem Wachstum.

 

4. Konsequente Umsetzung

Die konsquente Umsetzung einer nachhaltigen Tourismusstrategie beinhaltet die Ermittlung und Berücksichtigung der Tragfähigkeit eines Reiseziels: Wie viele Touristen kann eine Region höchstens verkraften, ohne die Umwelt, das soziale Gefüge oder die Kultur zu schädigen? Dementsprechend sind nachhaltige Urlaubs- und Freizeitmodelle in der Umgebung zu fördern und Subventionen für Tourismusformen, die einer nachhaltigen Entwicklung im Wege stehen, abzubauen. Mit anderen Worten: keine 40-Millionen-Kampagne von Schweiz Tourismus in fernen Ländern (für Kurzzeitbesucher, die wenig Wertschöpfung und viel CO2 erzeugen) und keine versteckten und direkten Subventionen für Billigflugreisen. Stattdessen in die Ausbildung für eine qualifizierte Beratung in Reisebüros und die nachhaltige Entwicklung der Destinationen investieren. Mit 40 Millionen könnte für diesen Zweck eine ganze Menge getan werden. All jene Unternehmen, die während der Coronakrise großzügig vom öffentlichen Sektor unterstützt wurden, sollten die nachhaltige Entwicklung in ihren Sanierungsplan aufnehmen lassen: Klimaschutz, Energieeffizienz, Abfallminimierung, Biodiversität, umweltfreundliche Mobilität, faire Arbeitsbedingungen, regionale Kreisläufe, Chancengleichheit etc. Dies gilt insbesondere für Fluggesellschaften und Flughäfen. Sie müssen endlich die externen Kosten, insbesondere für ihre Treibhausgasemissionen, internalisieren und reale Preise einschließlich der CO2-Steuer verlangen.

* Nathalie Martin, langsam reisende Bloggerin; Hansruedi Müller, Universität Bern; Christine Plüss, Historikerin und ehemalige Geschäftsführerin von akte; Sivaraj Thekkayil, Corinne Karlaganis und Loucine Maugère von Uravu Eco Links (Kerala, Indien)

 

ibex fairstay-Betrieb auf Tourism2030 aufgeschaltet

Tourism2030 ist ein unabhängiges Portal, das die weltweite Gemeinschaft von Menschen und Organisationen, die sich für einen nachhaltigeren Tourismus einsetzen, zusammenbringt. Es unterstützt den Tourismussektor dabei, seine Produkte und Dienstleistungen nachhaltiger und sichtbarer zu machen. Auf der Green Travel Map sind die ibex fairstay-Betriebe als nachhaltige Unterkunft aufgeführt.

Tourism2030 ist ein unabhängiges Portal, das die weltweite Gemeinschaft von Menschen und Organisationen, die sich für einen nachhaltigeren Tourismus einsetzen, zusammenbringt. Es unterstützt den Tourismussektor dabei, seine Produkte und Dienstleistungen nachhaltiger und sichtbarer zu machen. Auf der Green Travel Map sind die ibex fairstay-Betriebe als nachhaltige Unterkunft aufgeführt.

Die Plattform wird von ECOTRANS verwaltet und bietet eine Reihe von Dienstleistungen und Instrumenten, um die Interessen von nachhaltigem Tourismus, Unternehmen und Reisezielen, zusammenzubringen. Dies unter anderem mit dem Global Certification Quickfinder, der Green Travel Map und dem Travel Green Europe App. Der Kompass Tourismus 2030 führt zu hilfreichen Organisationen, Kursen und Lehrgängen, Best Practice-Beispielen und Dienstleistungen weltweit.

ECOTRANS ist ein unabhängiges, gemeinnütziges europäischen Netzwerk von Experten und Organisationen, die seit 1993 daran arbeiten, den Tourismus nachhaltiger zu gestalten. Der Inhalt des Portals orientierte sich am Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung im Jahr 2002, aus welche sich die Agenda 21 entwickelte. Die Partnerschaft wurde 2004 als „UN-Partnerschaft vom Typ II für nachhaltige Entwicklung“ registriert. Im Jahr 2006 traten die Welttourismusorganisation WTO und das Umweltprogramm der Vereinten Nationen der Partnerschaft bei.

Im Jahr 2017 wurde das Portal für nachhaltigen & verantwortungsvollen Tourismus als unter dem Namen Tourism2030 neu lanciert. Es trägt als Mitglied des SDG-Partnerschaftsnetzwerk zur Umsetzung der nachhaltigen Entwicklung 2030 bei, vor allem zum Ziel 12 „Gewährleistung nachhaltiger Konsum- und Produktionsmuster“ im Tourismus.

Weiterführende Links:

Zur Green Travel Map
Website Tourism2030

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